Anycubic Kobra Test – 3D Druck für alle ist greifbar

      Anycubic Kobra Test – 3D Druck für alle ist greifbar

      Nach meinem Einstieg in den Resin-Druck musste natürlich auch FDM-Druck folgen. Darunter versteht man Drucker, die festes Filament nutzen anstelle von flüssigem Resin. Anycubic hat mir dafür den neuen Kobra für einen Test überlassen.

      Das gefällt uns

      • Günstig
      • Einfache Montage und Inbetriebnahme
      • Gute Druckleistung
      • Touch-Steuerung

      Das gefällt uns nicht

      • Noch kein fertiges Cura Profil
      • Kleine Ritzen und Spalten in denen sich Fillamentreste sammeln können
      • Touchscreen manchmal ungenau

      FDM-Drucker haben vor allem einen Vorteil gegenüber Resin: Man muss keine Chemikalien benutzen, um den Druck zu reinigen und auch das Filament ist im Grunde ungefährlich und kommt auf praktischen Rollen statt in Flaschen. Der Nachteil ist, dass die Druckgenauigkeit niedriger ist, Oberflächen werden also nicht ganz so fein wie beim Resin-Druck. Auch ist die Druckgeschwindigkeit oft niedriger, gerade bei größeren Objekten kann es unter Umständen deutlich länger dauern.

      Ein paar Begriffe mal zum Einstieg erklärt:

      • Extruder: Der Extruder erledigt die meiste Arbeit, denn hier wird das Filament eingezogen, erhitzt und anschließend „Extrudiert“ – daher auch der Name. Hier gibt es Direct-Extruder, bei denen Filamenteinzug und Sensor direkt im Extruder integriert sind, oder auch Extruder mit Bowden, bei denen Filamentsensor und Einzug in einem separaten Modul sitzen.
      • Nozzle: Die Nozzle ist der Teil am Extruder, durch den das erhitzte Filament in Form gebracht und auf das Druckbett gedrückt wird. Hier gibt es viele verschiedene Größen. Faustregel: Umso kleiner der Durchmesser, desto feiner der Druck. Ein geringerer Durchmesser erhöht aber auch die Druckzeit.
      • Stepper: Die Stepper-Motoren sorgen für die Bewegung der einzelnen Achsen. Pro Achse sitzt also mindestens ein solcher Motor, der entweder eine Gewindestange oder einen Riemen antreibt, die wiederum die jeweilige Achse bewegen. Hier gibt es große Unterschiede zwischen den Druckern, gerade was die Lautstärke der Motoren angeht.
      • Buildplate: Die Buildplate ist die Grundplatte, auf der das Objekt gedruckt wird. Hier gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, wie diese beschaffen ist. Häufig wird Glas verwendet, weil es sich gut reinigen lässt, oft kommen mittlerweile aber auch dünne Metallplatten mit Nanotextur zum Einsatz wie beim Anycubic Kobra hier.
      • Cura: Das „Slicing“ Programm, in dem die 3D-Modelle für den Druck vorbereitet werden. Es gibt noch alternative Tools, Cura ist aber das am weitesten verbreitete.

      Materialien

      Beim FDM-Druck gibt es verschiedene Materialien, mit denen man drucken kann. Der Klassiker und auch das am meisten genutzte Filament ist PLA. Das ist einfach zu drucken und fest genug für die meisten Einsatzgebiete. Ein Großteil aller Drucke im Testzeitraum sind damit erfolgt.

      Dann ist da noch PETG. Das ist in etwa vergleichbar mit dem klassischen PE-Kunststoff aus dem beispielsweise auch Getränkeflaschen hergestellt werden. PETG neigt schnell zum Stringing und zieht dann unschöne Fäden. Dafür ist es im Endergebnis flexibler als PLA und verträgt UV-Licht auch besser. Hier fehlen mir die Vergleiche zu anderen Druckern, aber meine ersten Versuche mit PETG liefen ziemlich gut. Das Stringing hielt sich in Grenzen und nach dem Druck konnte man die wenigen unsauberen Ecken schnell mit einem Messer beseitigen.

      TPU und ABS sind dann noch zwei weitere Materialien, die ich bislang nicht ausprobiert habe, das folgt dann später. Wobei hier vor allem TPU interessant ist, da es sehr weich und flexibel ist. Der Anycubic Kobra kommt mit allen genannten Materialen zurecht, hier ist man also extrem flexibel.

      Features

      Der Kobra ist Anycubics neuestes FDM-Modell und damit bringt er auch einige neue Features mit.

        • ● Größe der Düse: ø 0,4 mm (austauschbar)
          ● Druckmaterialien: PLA / ABS / PETG & TPU
          ● Bedienelement: 4,3-Zoll-LCD-Touchscreen
          ● Durchschnittsgeschwindigkeit: 50 – 80 mm/s
          ● Z-Achse: Einzelne Gewindestange
          ● Material der Plattform: PEI-Federstahl
          ● Heizbett-Temperatur: ≤ 110 °C
          ● Nivellierung: Automatisch, 25 Punkte „LeviQ“ Nivellierung
          ● Extruder-Typ: Integrierter Kurzstreckenextruder
          ● Baugröße: 300 x 300 x 305 mm
          ● Druck-Volumen: 12.10 L
          ● Druckgröße: 22 x 22 x 25 cm (LBH)
          ● Maschinengröße: 48.6 x 43 x 48.6cm

      Zusammenbau und Einrichtung

      Der Anycubic Kobra richtet sich, wie auch schon der Photon M3, eher an Einsteiger und ist daher auch recht einfach aufzubauen und einzurichten. Alles nötige Werkzeugt liegt bei, darunter ein Satz Inbus-Schlüssel, eine kleine Filament-Zange, ein paar Schraubenschlüssel und ein winziger Kreuzschlitz-Schraubendreher. Zusätzlich liegt noch praktisches Zubehör wie ein Plastikschaber, eine Austausch-Nozzle, eine MicroSD-karte und ein USB-Kabel bei. Dazu gibt es noch etwas weißes Filament und einen SD-Card-Reader.

      Generell fühlt sich die Verarbeitung des Druckers gut an, ein Großteil der Komponenten besteht aus Aluminium und es klappert und wackelt nichts, wenn man ihn korrekt montiert. Beim Zubehör ist noch Luft nach oben, aber für den vorgesehen Zweck, also die einmalige Montage, reicht es mehr als aus. Außerdem hat man wirklich alles dabei, was man zum Einstieg braucht.

      Ein Großteil der Komponenten ist bereits vormontiert, sodass man wenig Arbeit mit dem Aufbau hat. Z- und X-Achse kommen als ein Modul, das nur auf die Basis geschraubt werden muss. Das klappte bei mir auch allein ganz gut. Die Schaumstoff-Polster im Karton können wunderbar als Ablage genutzt werden, um die Teile ablegen und anschrauben zu können. Sie die vier Schrauben festgezogen, müssen nur noch die Kabel verbunden werden.

      Alle Kabel sind gelabelt und passen auch von der Länger her nur an einen Ort, Verwechslungen sind damit fast ausgeschlossen. Abschließend noch Display und Filamenthalter anschrauben und das war es mit der Montage. Der Filamenthalter sitzt über dem Drucker, sodass das Filament immer von oben direkt eingeführt wird und in der Praxis klappte das auch wunderbar.

      In meinem Fall konnte ich die Schritte überspringen, in denen die Buildplate und Achsen noch einmal festgezogen werden, da sie bei mir bereits ordentlich saßen. Beim Transport kann sich da aber immer mal was lösen, daher sollte das auf jeden Fall geprüft werden. Die beiliegende Anleitung deckt alles ausreichend ab, inklusive Bilder. Allerdings ist sie nur auf Englisch und Chinesisch beiliegend. Die Bilder sollten im Zweifel aber sogar reichen, um zu erkennen, was zu tun ist. Eventuell müssen noch die Riemen nachgezogen werden, sollten diese zu lose sitzen. Das geht auch im Handumdrehen, wortwörtlich. Die Riemenspanner sitzen vorne und seitlich und nachgespannt wird einfach durch Drehen am roten Rad. Einziger Nachteil daran: Durch die Position stehen die beiden Achsen deutlich über den restlichen Drucker hinaus, benötigen also auch mehr Platz.

       

      Im Anschluss kann der Kobra in Betrieb genommen werden, was ebenfalls von Anleitung und Drucker selbst begleitet wird. Direkt nach Einführen des Filaments folgt das Auto-Leveling, also das Ausmessen und Anpassen der Druckkopf-Höhe. Dadurch werden leichte Unebenheiten des Druckbetts ausgeglichen. Dafür misst der Kobra an insgesamt 25 Kontrollpunkten die genaue Höhe und passt im Anschluss die Z-Achse entsprechend an. Ganz zum Schluss wird noch das Offset gesetzt, sofern nötig. Dafür wird ein Blatt Papier auf das Druckbett gelegt und der Extruder langsam nach unten gefahren bis man einen leichten Widerstand spürt, wenn man das Blatt bewegt. Dann sollte alles passen und man kann mit dem Druck loslegen.

      Wichtig ist dann noch: Aktuell gibt es noch kein Cura-Profil für den Anycubic Kobra, daher muss man sich dieses selbst anlegen. Als Beispiel dafür hier meine Einstellungen:

      Die G-Code-Einstellungen können einfach vom bereits in Cura hinterlegten Anycubic Vyper-Profil kopiert werden.

      Druckqualität und Druckvorgang

      Nach dem Einschalten und Starten des ersten Drucks muss ich direkt sagen: Der Kobra ist wirklich leise, gerade im Vergleich zu meinem alten JGMaker-Drucker. Die Stepper sind die meiste Zeit gar nicht zu hören und so bleibt nur das Lüfterrauschen von Netzteil- und Controller-Lüfter. Die sitzen beide im Boden und sind schon gut hörbar, ins Schlafzimmer würde ich ihn mir daher nicht stellen. Aber auch hier: Verglichen mit anderen Druckern sind die Lüfter noch angenehm. In Zukunft findet sich hier sicher noch ein Weg, die Lüfter noch leiser zu bekommen.

      Um die Druckqualität zu testen gibt es viele verschiedene Wege. Meine ersten Testdrucke liefen ziemlich gut und ich musste nur kleinere Details anpassen. Wie bei vielen Dingen, ist 3D-Druck nämlich vornehmlich auch ein „Trial and Error“-Hobby. Man versucht es so lange, bis das Ergebnis stimmt. Umso besser der Drucker, desto schneller stimmt dann auch das Ergebnis.

      Mein erster „Torture Tower“ lief selbst bei 80mm/sec ziemlich gut und war in nur knapp über einer Stunde fertig gedruckt. Dafür kann sich das Ergebnis sehen lassen. Hier und da sind kleinere Problemstellen, bei so hoher Druckgeschwindigkeit ist das aber zu verschmerzen, vor allem da ich hier noch keine weiteren Einstellungen und Feinjustierungen vorgenommen hatte.

      Ein weiterer Test, der einfach auf den Namen „All In One 3D printer test“ hört, verlief dann auch problemlos und zeigt, was der Anycubic Kobra kann. Überhänge bis 60 Grad sind gar kein Problem, 70 Grad noch gut und sogar 80 Grad noch benutzbar. Klar sieht man hier dann schon sogenanntes Stringing, also einzelne Filament-Fäden, aber kaum ein Drucker kann solche Überhänge ohne Stringing produzieren, schon gar nicht in der Preisklasse des Kobra. Die Maßhaltigkeit ist auch gut, die gedruckten Löcher und Aussparungen weichen nur minimal von der Zielgröße ab. Ein wenig Schwund gibt es immer, da der Kunststoff sich beim Erhitzen ausdehnt und anschließend wieder zusammenzieht. Hier kommt es auch immer darauf an, wie gut das gewählte Filament ist. In meinem Fall stammte dies auch von Anycubic.

      Jetzt druckt man aber nicht nur Testobjekte, sondern eigentlich will man ja den Drucker auch „für den Alltag“ nutzen. Ich zumindest will das. Also ging es erstmal daran, eine Idee umzusetzen die ich schon lange hatte. Eine Tablethalterung für’s Wohnzimmer, an dem dann das Home Assistant Tablet steckt und immer geladen und griffbereit ist. Insgesamt 8 Revisionen musste ich drucken, bis ich zufrieden war – die 9. folgt dann noch in anderer Farbe, damit auch die Dame des Hauses zufrieden ist. Alle 8 Versionen konnte ich ohne weitere Kalibrierung in einem Tag drucken inklusive der jeweiligen Anpassungen dazwischen. Schnelles Prototyping ist also kein Problem und allein das Gefühl ohne nachzudenken auf „Print“ zu drücken weil man sicher sein kann dass es klappt: Unbezahlbar.

      Ein Projekt, das mich in den Wahnsinn trieb war ein Gehäuse für mein DIY Ambilight zu drucken. Unzählige erfolglose Versuche auf meinem alten Drucker ließen mich schon an mir zweifeln, aber siehe da: Am Kobra lief der Druck dann problemlos durch. Das Design ist nicht besonders filigran oder aufwändig, aber es ist groß und muss am Ende auch passen. In kurz: Das hat es dann auch.

      Besonders gut gefallen hat mir auch, dass ich nur selten Support drucken musste – also extra Strukturen, die Überhänge und Aussparungen stützen. Wie der Printer Test schon gezeigt hat sind selbst 25mm Brücken ohne Support möglich. Das spart Zeit und Nacharbeit. Möglich sind dann nämlich auch sogenannte „Articualted“ Drucke – also bewegliche Modelle, die dennoch am Stück gedruckt werden. So wie meine kleine Echse hier. Oder auch die „Sharkz“ Klammern, die irgendwie sofort beim Kind landeten und nun allerlei Basteleien festhalten oder auch als Wäscheklammern dienen.

       

      Generell bin ich mit den Drucken und dem Handling sehr zufrieden und gerade nach ein wenig Eingewöhnung am neuen Drucker lief es problemlos. Oh und apropos problemlos: Fertige Objekte lassen sich wirklich einfach von der Buildplate lösen. Meist lösen sie sich von selbst sobald die Buildplate abgekühlt ist, falls nicht einfach die Platte abnehmen und durch die Biegung löst sich der Druck spätestens dann.

       

      Beim Druck löst sich hingegen nichts. Selbst kleine Objekte haben perfekt gehalten. Nur einmal löste sich ein wirklich feines Spinnenbein vom Druckbett und einmal gab es Layer Shift. Das bedeutet, dass entweder ein Riemen nicht richtig saß oder die Nozzle am Druckobjekt hängen blieb und sich dadurch die Position veränderte. Der Drucker selbst merkt davon nichts, alle Bewegungen sind jetzt also ein wenig verschoben. Das ist generell nichts ungewöhnliches und kann bei fast jedem Drucker passieren. In meinem Fall war es ärgerlich, da es über Nacht passierte und ich damit morgens vor einem Berg Spaghetti stand…

      Was mich daran aber mehr störte als verlorene Zeit und Material: Die verwendeten Alu-Profile sind so tief, dass ich nun die ganzen kleinen Reste mit einer Pinzette rausfummeln müsste. Ich glaube, da druck ich mir mal ein paar Abdeckungen für.

      Angenehm ist auch die Steuerung per Touch-Display. Eingaben erkennt das Display gut, wobei ich hier und da auch noch mal drücken musste. Das Menü ist auch einfach aufgebaut und auf die Touchbedienung optimiert. Während des Druckvorgangs zeigt es noch einige Statusinformationen wie die verstrichene Zeit seit Start und den Fortschritt in Prozent an. Außerdem kann man aus dieser Statusübersicht heraus auch schnell noch das Z-Offset anpassen sofern nötig. Gerade bei den ersten Layern sollte man den Druck nämlich dennoch im Auge behalten und bei Bedarf Feinjustierungen vornehmen für das beste Ergebnis.

      Alternativ kann der Kobra auch direkt per USB gesteuert werden. Entweder indem man ihn direkt an den PC anschließt oder über „Octoprint„, eine extra entwickelte Software die den Drucker mittels Raspberry Pi ins Netzwerk bringt, sodass man einfach über WLAN drucken kann.

      Fazit

      Kurzum: Ich bin mehr als zufrieden, wie ihr sicher schon zwischen den Zeilen entnehmen konntet. Einrichtung, Bedienung und Druckergebnis sind einfach richtig gut beim Anycubic Kobra. Kein lästiges manuelles leveln über irgendwelche Rädelschrauben, keine manuelle Kalibrierung, einfach nur schnelle, unkomplizierte Drucke. Genau das was nötig ist, damit auch Einsteiger sich an das Thema herantrauen.

      Klar, nicht alles ist perfekt: Die Lüfter könnten leiser sein und die Aluprofile könnten Abdeckungen vertragen damit sich keine Filamentreste darin sammeln. Das Display ist in Ordnung aber auch nicht überragend – wobei das schon Meckern auf hohem Niveau ist, denn eigentlich tippt man darauf ja auch nicht ewig herum.

      Ein Cura-Profil fehlt auch noch, das dürfte aber bald kommen – wenn nicht von Anycubic, dann von der Community.

      Für derzeit nur knapp über 300 Euro liefert der Anycubic Kobra ein sehr gutes Gesamtbild. 3D Druck könnte damit so langsam für immer mehr Nutzer interessant werden. Die Schwelle für den Einstieg ist niedrig und der Aufwand deutlich geringer als noch vor ein paar Jahren. Aus meiner Sicht daher die perfekte Mischung aus Preis und Leistung. 300 Euro sind immer noch viel Geld – aber welches Hobby ist heutzutage schon kostenlos?

      Das könnte dich auch interessieren