Beyerdynamic FREE BYRD im Test: Peak-fein

      Beyerdynamic FREE BYRD im Test: Peak-fein

      Beyerdynamic ist für mich eine der wenigen Firmen, zu denen mir nur wenig Negatives einfällt. Seit einigen Jahren versuchen sie zudem, aus der High-End und audiophilen Ecke herauszukommen. In Studios sind gerade die DT-Modelle seit Jahrzehnten eine feste Größe, während audiophile Nutzer oft zu den P1 und P5 griffen. Mittlerweile hat man ein noch breiteres Portfolio und bietet auch allerlei Modelle für den klassischen Endkunden an – so wie die ersten True-Wireless Headphones, die Beyerdynamic FREE BYRD. Ob Lynyrd Skynyrd stolz wäre, habe ich mir im Test angehört.

      Ok, aber erstmal genug mit den obskuren Referenzen. Die Free Byrd schließen eine Lücke bei Beyerdynamic. Vom Studio-Kopfhörer bis hin zu Bluetooth In-Ears mit Nackenband hatten sie schon alles im Sortiment, komplett kabellos gab es aber noch nicht. Statt wie viele andere hat man sich offenbar die Zeit genommen, eine Eigenentwicklung abzuwarten, statt einfach den Namen auf ein White-Label-Produkt zu kleben.

      Die FREE BYRD setzen auch wieder auf Beyerdynamics „Make it yours“ App, mit der die Kopfhörer auf den/die Hörer*in abgestimmt werden können. Dazu später noch mehr. In Sachen Personalisierung legt Beyerdynamic auch vorher schon gut vor: In der Packung sind neben den Kopfhörern nebst Lade-Etui gleich noch ein 90° angewinkeltes USB-C-Ladekabel und acht verschiedene Aufsätze enthalten. Das Beste dabei: Neben fünf Silikon-Eartips sind noch 3 Memory-Foam-Aufsätze dabei. Die sind mir grundsätzlich lieber als die klassischen Silikon-Aufsätze, die bei mir oft nicht richtig passen. So sollte aber für jeden der passende Aufsatz dabei sein. Für mich passt die Form dann auch ziemlich gut. Ich kann die FREE BYRD ohne Weiteres über mehrere Stunden tragen, was bei In-Ears selten ist. Einzig die Jabra Elite 85T sitzen bei mir noch besser und bequemer über einen so langen Zeitraum. Das ist natürlich immer sehr subjektiv.

      Direkt nach dem Auspacken geht es dann weiter mit der Einrichtung. Was soll ich sagen: Die Einrichtung war so einfach und schnell, dass ich bei den ersten Schritten sogar glatt die Screenshots vergessen hab. Gehäuse öffnen und schon poppt beim benachbarten Smartphone die Einrichtung auf. Googles Fast Pair hat hier für mich zum ersten Mal reibungslos funktioniert. Wenn es das tut, ist die Einrichtung wirklich super angenehm. Direkt nach dem Koppeln wird die App angeboten und kann installiert werden, danach kam dann auch direkt das obligatorische Firmware-Update.

      Mit dem Update wird dann auch die „mimi“ getaufte Gehöranpassung aktiviert und man kann sich mal so richtig die Ohren messen lassen. Mein Ergebnis war etwas schlechter als erwartet, aber ich werde ja auch nicht jünger. Die Messung führt euch jedenfalls Schritt für Schritt durch den Ablauf und erklärt, wie das Ganze funktioniert. Nach dem Test lässt sich dann noch individuell abstimmen, wie stark man die Optimierung möchte, direkt mit Live-Vorschau. Etwas tricky ist der Vorgang schon, denn man muss natürlich auch richtig reagieren. Zwar wird die Reaktionszeit laut App mit einkalkuliert, aber ein wenig Varianz bleibt da trotzdem. Alles in allem aber ein nettes Feature, gerade für jene, die wissen – oder noch nicht wissen – dass sie Hörprobleme haben und beispielsweise auf einem Ohr besser/schlechter hören als auf dem anderen.

      Ob die Frequenzanpassungen nun insgesamt besser sind oder nicht, lässt sich natürlich schwer beurteilen, ohne sie objektiv messen zu können. Subjektiv ist der Klang gerade in den Mitten voller und die Höhen klarer ausgeprägt. Es ändert sich also definitiv etwas an der Abstimmung.

      In der App lassen dich dann auch die diversen Betriebsmodus einstellen, also ANC An/Aus und „Transparenz“, um beispielsweise eine Ansage in der Bahn mitzubekommen. Unter dem Punkt „Remote“ kann man dann noch jederzeit die Befehle zur Steuerung der Medien abrufen. Einmal tippen für Play/Pause, zweimal zum Umschalten zwischen ANC und Transparenz, dreimal für Titel vor/zurück und so weiter. Finde ich generell nicht so gut gelöst, da die Ohrhörer auch kein haptisches Feedback bieten, ob man den Sensor getroffen hat und ich hatte hin und wieder Probleme, dass die Gesten nicht richtig erkannt wurden. Generell bin ich auch kein Fan so vieler Gesten, weil zumindest ich sie mir nur schlecht merken kann. Der Wechsel zum Transparenz-Modus bedeutet auch immer, dass man danach zum ANC-Modus zurückwechselt, statt in den vorherigen Modus. Es gibt keine Option, einfach in den vorherigen Modus zurückzuwechseln.

      Neben der Anpassung durch die Gehörmessung kann auch zwischen 7 verschiedenen Equalizer-Einstellungen gewählt werden: Original, Bass Boost, Warm, Smooth Treble, V-Shape, Speech und Brilliance.

      Ein Feature, das mir bei vielen anderen TWS fehlt, bieten die FREE BYRD dann noch: Jeder Ohrhörer kann für sich genutzt werden. Viele arbeiten im Master/Slave Verbund und sobald der Master – meist der Rechte Hörer – nicht verbunden ist, funktioniert auch der linke nicht. Hier können beide unabhängig voneinander genutzt werden. Finde ich gerade beim Telefonieren praktisch.

      Soundqualität

      Aber Schluss mit der Software und dem restlichen Beiwerk und hin zum Klang. Ohne die Anpassungen ist der Klang relativ flach mit leichter Betonung auf den Bass. Die EQ-Profile ändern das natürlich, für mich ist die Originaleinstellung aber noch das angenehmste Audioprofil. Im Zusammenspiel mit der „Mimi“- Anpassung sollte dann auch generell kein EQ-Profil mehr genutzt werden, da es sonst zu Überlagerungen der Anpassungen kommen kann, was merkwürdige Ergebnisse liefert. Hier ist aber ein wenig Trial-and-Error nötig, welche Einstellungen am besten zu den eigenen Hörgewohnheiten passen.

      Was nicht fehlt: Der Beyer Peak. Der ist seit Jahren schon ein Begleiter von Beyerdynamic Kopfhörern und bedeutet, dass gerade die Höhen teilweise etwas Spitz und überbetont sein können. Ungewohnt, wenn man es nicht kennt, perfekt, wenn man es mag und kennt. Ich fühlte mich zumindest direkt wie zuhause, auch wenn die Klangqualität natürlich nicht mit großen Over-Ear-Kopfhörern mithalten kann.

      Generell ist der Klang aber gut bis sehr gut. In meiner Abstimmung liegt die Betonung mehr auf den Mitten und Höhen, was gerade bei Rock und Metal mehr Spaß macht. Bassheads werden vermutlich nicht ganz auf Ihre Kosten kommen, denn zwar können die FREE BYRD auch richtig tief runter gehen, mit dem Bass Boost von Sony oder anderen Herstellern können sie aber nicht mithalten. Stört mich nicht, aber wer insbesondere auf Bass steht, könnte hier enttäuscht werden.

      Übertreibt man es mit den individuellen Anpassungen und dem Equalizer, kann es aber auch schon mal unangenehm und dröhnend werden. Die Maximalstufe der Soundanpassung ist daher nichts für mich und ich bewege mich eher so im ersten Drittel der Skala. Es dauert wie schon erwähnt einfach ein wenig, bis die passende Abstimmung gefunden wurde. Dann klingen sie aber richtig gut und gefallen mir klanglich deutlich besser als vergleichbare True-Wireless-Headphones, die ich in der Vergangenheit so gehört habe.

      Überraschend ist auch, dass die Soundqualität mit und ohne ANC nahezu unverändert bleibt. Das ANC ist gefühlt auch nicht so stark wie bei anderen, aber dennoch ausreichend, um die Umgebungsgeräusche auszublenden. Im Büro gibt es davon nicht so viele, aber gerade in öffentlichen Verkehrsmitteln hilft es ungemein. Auch leise Musik und Podcasts sind so gut verständlich.

      Wie üblich bei ANC bleiben hohe Frequenzen übrig, die nicht komplett gefiltert werden. Durch die Passgenauigkeit der Schaumstoff-Eartips werden diese aber auch schon gut passiv gedämpft. Und zu guter Letzt noch zur Telefonqualität. Die FREE BYRD unterstützen Qualcomm cVc für verbesserte Sprachqualität. Telefonate, egal ob klassisch oder über Teams, waren daher kein Problem und weder ich noch meine Gegenüber hatten Verständnisprobleme, auch nicht unterwegs.

      Akkulaufzeit

      Bis zu 11 Stunden gibt Beyerdynamic hier an – ohne sie zwischendurch im Case laden zu müssen. Mit Zwischenladung sollen es dann bis zu 30 Stunden sein. Das Case kann auch zwischendurch geladen werden, während man gerade hört, die Hörer müssen dafür nicht eingesetzt sein. Das Case kann dabei wahlweise per USB-C-Kabel oder auch kabellos via Qi geladen werden.

      Die 11 Stunden kann ich so nicht bestätigen, einfach weil mir dafür bisher die Ausdauer fehlte, sie so lange am Stück zu nutzen. Damit sie nicht verloren gehen, landen sie in Hörpausen eben im Case und werden dabei geladen. Sie halten aber definitiv länger als viele Konkurrenten durch. Meine längste Session waren gute 6 Stunden mit einer Mischung aus Musik und Telefonaten bzw. Meetings. Ziemlich gut für TWS, die meisten anderen hätten hier schon lange wieder geladen werden müssen. Eine längere Zugfahrt oder einen Flug übersteht mal also problemlos.

      Generell habe ich sie während meiner Testphase nur direkt nach dem Auspacken einmal geladen und seitdem laufen sie mit dieser Ladung. Wenn es doch mal Eng wird, sollen 10 Minuten Ladezeit rund 70 Minuten Laufzeit bringen.

      Fazit

      Insgesamt sind die Beyerdynamic FREE BYRD einfach ziemlich gute True-Wireless-Kopfhörer. Der Tragekomfort ist sehr gut, der Klang ebenfalls und darüber hinaus bieten sie jede Menge Anpassungsmöglichkeiten. Das Lade- und Transport-Case ist dazu schön kompakt und bietet auch Wireless-Charging. Mit der Akkulaufzeit sticht BEYERDYNAMICs FREE BYRD dann auch noch mal hervor. Kein TWS konnte bislang so lange Laufzeiten ohne Zwischenladung bieten.

      Der Haken ist am Ende vor allem der Preis. Mit 229 Euro UVP sind die FREE BYRD kein Schnäppchen. Damit erkauft man sich aber auch eine hohe Verarbeitungsqualität und vor allem langen Support und Ersatzteilversorgung. Auch einzelne FREE BYRD Ohrhörer wird man nachkaufen können, ebenso das Ladecase, USB-Kabel und Eartips.

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