Das iPad als Laptop: Was geht im Jahr 2022 und was geht immer noch nicht

      Das iPad als Laptop: Was geht im Jahr 2022 und was geht immer noch nicht

      Wie gut ein iPad Air als Ersatz für einen klassischen Laptop funktioniert und wie weit es iPadOS inzwischen gebracht hat, habe ich mir zwei Wochen lang für euch angesehen.

      Im August 2020 habe ich den Versuch gewagt, meinen Laptop durch ein iPad Pro samt Tastatur-Cover zu ersetzen. Damals war ich sehr angetan von den Möglichkeiten, musste mir aber wegen der Software-Limitierungen eingestehen, dass das iPad – zumindest im professionellen Einsatz – einfach keinen Laptop ersetzen kann.

      Knapp zwei Jahre später wage ich es erneut. Diesmal allerdings mit dem iPad Air der 5. Generation. Einfach auch, um den Preis etwas überschaubarer zu halten. Das 12,9” iPad Pro aus dem letzten Versuch kostet aktuell 1100€* und da sind weder eine Tastatur noch ein Apple Pencil dabei. Da sind schnell 1500€ beim Gesamtpaket zusammen.

      Das aktuelle iPad Air mit M1-SoC kostet mit 256GB internem Speicher als WiFi-only-Version knapp 800€* (etwa 630€* mit 64GB). Dazu kommen noch einmal 160€* für das Combo Touch-Case von Logitech. Das ist die Hälfte von Apples Magic Keyboard und immer noch etwas weniger als das Smart Keyboard Folio. Dazu dann noch einmal 130€* für einen Apple Pencil der zweiten Generation sind es in Summe auch 1100€* (930€* für 64GB). Damit kostet die neue Kombination etwa ein Drittel weniger als die iPad-Pro-Kombi aus meinem ersten Test von vor zwei Jahren.

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      Das iPad Air als iPad

      Das iPad Air ist eigentlich das Standard-iPad. Das iPad Pro mit dem 120Hz-Liquid-Retina-XDR-Display ist nicht für normale Nutzer*innen gedacht, die damit YouTube, Pinterest und Co. ansurfen. Gleichzeitig ist das Air so viel sexier als das normale iPad mit dem dicken Rahmen und mittelmäßigen Display. Genau das macht es für mich zum Standard-iPad.

      Dank insgesamt zwei Lautsprechern (einer links und einer rechts) macht Medienkonsum auf dem iPad Air sehr viel Spaß. Typisch Apple klingen auch die Lautsprecher sehr gut für ihre Größe. Das IPS-Display zaubert derweil kräftige, aber natürliche Farben auf die Vorderseite. Blickwinkel sind hervorragend und die maximale Helligkeit auch mehr als ausreichend. Nach mehreren Wochen mit der Galaxy Tab S8-Familie (Test) muss ich aber auch sagen, dass ich gerade bei Serien und Filmen das OLED-Schwarz vermisse.

      Ich könnte jetzt noch über die 60Hz des Displays beim iPad Air meckern, aber eigentlich muss ich das nicht. Das Display ist gut und viel wichtiger: Die Performance ist es auch. IPadOS läuft rund. Durch weniger/ keine kleinen Ruckler fühlt sich das System einfach flüssiger als die meisten Iterationen von Android an. Wären 120Hz schöner gewesen? Ja, klar. Macht ihre Abwesenheit das iPad Air unbenutzbar? Nein, nicht im Geringsten.

      Wo wir gerade bei der Performance sind – das iPad Air der 5. Generation hat nun ebenfalls den M1-Chip spendiert bekommen. Also der gleiche Kern, der aktuell beide iPad Pro, das MacBook Air (Test) und die Einstiegsversion des MacBook Pro (Test) antreibt. Wie in all den anderen Geräten macht er auch dem iPad Air mächtig Dampf. Tasks laufen butterweich ab und ich habe noch keine Kombination von Apps gefunden, die ihn wirklich in die Knie zwingen kann.

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      Das iPad als Office-Laptop

      Unter einem Office-Laptop verstehe ich ein Gerät, das primär die klassischen Microsoft-Programme stemmen kann. Das ist auch der Moment, in dem das Combo-Touch-Cover von Logitech zum ersten Mal zum Einsatz kommt.

      Das Schreibgefühl der Logitech Combo Touch Hülle ist fantastisch. Tastenanschläge sind knapp und haben einen guten Druckpunkt. Dazu kommt noch eine Tastaturbeleuchtung, die in mehreren Stufen gedimmt werden kann. Der kleine Kickstand könnte etwas steifer sein, aber als Ganzes schlägt die Logitech Combo Touch Hülle das originale Folio Keyboard Cover von Apple um Längen.

      Logitech hat sogar ein sehr gutes Touchpad installiert. Natürlich kannst du auch den Touchscreen des iPad benutzen, aber gerade beim Schreiben will man nicht immer die Hand heben. 160€* sind viel Geld, aber wenn dein Ziel ist, aus dem iPad einen Laptop zu machen, dann machst du hier garantiert nichts verkehrt.

      Ansonsten hat sich bei iPadOS seit meinem letzten Test leider nicht so viel getan, wie ich es erhofft hatte. Hier mal eine Liste der wichtigsten Dinge, die du mit einem iPad machen kannst und was damit (immer noch) nicht geht:

      • Emails an Behörden und Freunde funktionieren super
      • Microsoft Apps haben weniger Funktionen als ihre PC/Mac-Gegenstücke
      • Handschrifterkennung funktioniert gut, hat aber Probleme mit Eigennamen
      • zum Drucken wird weiterhin ein Drucker mit AirPrint benötigt.
      • Ordnerstruktur von iPadOS weiterhin sehr grob
      • USB-Sticks funktionieren besser an dem einen USB-C-Port
      • Videotelefonie ist kinderleicht, aber die Webcam ist maximal „okay“

      Wie schon vor zwei Jahren funktioniert das iPad als Office-Laptop ziemlich gut. Du musst deine Abläufe allerdings etwas an den Apple-Style anpassen. Cloud-Dienste und kabellose Lösungen sollten dir im besten Fall also bereits vertraut sein, wenn du nicht ganz am Anfang beginnen willst.

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      Das iPad als Business Laptop

      Jenseits der Aufgaben eines reinen Office-Laptops muss ein Business-Laptop zusätzliche Kriterien erfüllen. Externe Displays, VPNs und externe Server fallen mir da zuerst ein. Aber auch Akkulaufzeit, Passwörter und Produktivität sind deutlich wichtiger als im Consumer-Bereich.

      Externe Displays sind mit dem iPad weiterhin ein Graus. Es wird einfach nur das Display des Tablets gespiegelt. Auf deinem 16:9-Monitor wird also nur das 4,3:3 Display des iPad Air angezeigt. Das wird umso schlimmer, wenn du einen 21:9-Monitor verwendest. Mein Dell UltraSharp U3421WE (Test) fühlt sich jedenfalls komplett nutzlos mit dem iPad Air an. iPadOS 16 sieht vielversprechend aus, aber bis ich es nicht selbst getestet habe, bleibe ich bei meiner Einschätzung.

      VPN-Verbindungen sind hingegen weiterhin kein Problem. Über eine VPN-App deiner Wahl gibst du einfach deine Zugangsdaten ein und hast im Anschluss Zugriff auf dein Firmen-Netzwerk und Projekt-Management-Boards wie Jira. Die Verbindung besteht auch nach deiner Rückkehr vom Mittagessen. Hier gibt es praktisch keine Einschränkungen.

      Externe Laufwerke haben im Test vor zwei Jahren iPadOS das Genick gebrochen. Inzwischen hat unsere Redaktion geändert, wie wir unsere Unmengen an Foto- und Video-Dateien lagern. Um es kurz zu machen: Es bedarf zwar noch einen externen App, da die native Files-App keine unterschiedlichen Ports ansteuern kann, aber es funktioniert sehr gut und vor allem schnell und zuverlässlich.

      Bei der Akkulaufzeit variiert das iPad Air (5th Gen.) teils sehr. Reines Websurfen oder Video-Wiedergabe bei etwa 200 Nits machen dem Akku recht wenig aus. Damit sind elf bis zwölf Stunden Akkulaufzeit möglich. Bei maximaler Helligkeit sinkt dieser Wert allerdings drastisch auf etwa fünf bis sechs Stunden.

      Je mehr der M1-SoC gefordert wird, desto schneller geht natürlich auch die Akkulaufzeit in den Keller. Zusammen mit dem Strom-Bedarf der Logitech Combo Touch kannst du bei rechenintensiven Anwendungen der Akkuanzeige beim Fallen zuschauen. Ob die Akkulaufzeit für einen ganzen Arbeitstag reicht, hängt also sehr von deiner Nutzung ab. Immerhin kann via USB-Typ-C recht zügig nachgeladen werden.

      Damit du dir nicht jedes Passwort merken musst, hat iOS natürlich einen Passwort-Manager integriert – Schlüsselbund. Damit der Inhalt geschützt ist, musst du entweder jedes Mal einen Code eingeben oder deinen Finger auf den Fingerprint-Reader im Power-Button legen. Nach zwei Wochen muss ich aber sagen, dass ich das mit der Hülle als eher umständlich empfand. Zum einen musst du jedes Mal deine Hand heben und zum anderen versenkt die Logitech Combo Touch Hülle den Sensor etwas. Ich bevorzuge im jedem Fall die Face ID-Methode des iPad Pro, bei der ich einfach nur auf den Bildschirm schauen musste und schon waren meine Zugangsdaten hinterlegt.

      Wie bereits erwähnt, hat das iPad Air (5th Gen) nun ebenfalls den Apple Silicon M1-SoC. Eine Mobile-/ Desktop-CPU in einem Tablet. Das hätte ich mir vor einigen Jahren auch noch nicht träumen lassen. Diese Performance macht es aber auch schwer, das Tablet wirklich an Grenzen zu treiben. Besonders dann, wenn einige Apps immer noch ein Witz in der Ausstattung sind – ja, ich meine dich, Photoshop.

      Um es trotzdem zu tun, habe ich mich für den Video-Export von 4K-mov-Video-Material via LumaFusion entschieden. Diese App läuft nicht nur auf dem iPad, sondern kann dazu auch auf meinem Arbeits-MacBook Pro mit M1 (Test) laufen. Der SoC ist in beiden Geräten gleich (im MacBook wird er bei Bedarf aktiv gekühlt) und auch die Renderzeit in eine 4K-MP4-Datei hat bis auf die Sekunde genau die gleiche Zeit benötigt. Die Leistung des M1-Chips kommt also selbst beim iPad ungebremst an.

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      Fazit zum iPad Air als Laptop: Da Capo

      Was bleibt am Ende? Bettele ich meinen Boss an, dass ich ein iPad Air samt Tastatur-Cover bekomme und das MacBook zurück zur IT wandert? Sicherlich nicht. Ich bin nicht bereit, meinen Workflow so weit anzupassen, dass er mit dem iPad funktioniert. Ich habe Deadlines. Ich werfe alle Dateien während eines Projektes auf den Schreibtisch (das ist der Desktop beim Mac) und wenn ich fertig bin, sortiere ich da durch, lösche Unnötiges und verschiebe den Rest in Ordner und auf unser NAS. Das kann ich mit dem iPad nicht. Die Übersicht in Files mag sich deutlich gebessert haben, aber sie ist immer noch meilenweit davon entfernt, dass ich sie beruflich nutzen kann oder will.

      Apple hat seit meinem letzten Test kontinuierlich an den Schwächen von iPadOS gearbeitet. Die Oberfläche selbst hat dadurch deutliche Fortschritte gemacht. Im professionellen Umfeld verlangt es aber zu viele Verrenkungen von den Nutzer*innen. Im privaten Umfeld würde ich sagen, dass das iPad ausreichend als Laptop-Ersatz ist. Websites ansurfen, Briefe schreiben und hier und da sogar etwas Videoschnitt gehen ohne Probleme. Trotzdem bleibt am Ende ein fader Beigeschmack.

      Das getestete iPad Air kostet 800€*, mit dem Logitech Combo Touch Tastatur-Cover sind wir bei knapp 1000€. Das ist eine Menge Geld. Für das Geld bekomme ich ein MacBook Air mit M1, 256 GB SSD und 8 GB RAM. Bei dem weiß ich einfach, dass es mit Apps und Programmen aus dem Netz umgehen kann.

      Alle iPads bräuchten einen Pro-Modus, wie Samsung ihn mit DeX hat. Der muss einen richtigen Schreibtisch erschaffen und außerdem externe Monitore brauchbar unterstützen – dann, und nur dann können wir darüber reden, dass ein Smartphone und ein Tablet genug sind und kein Laptop mehr nötig ist. Bis dahin ist ein iPad weiterhin nur ein iPad.

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      Stand: 07.06.2022

      Veröffentlicht von Sascha

      Gamer, Filmliebhaber & Hobby-Fotograf – also alles was eine gute Geschichte erzählt. Großer Fan von durchdachten Produkten und Privatsphäre. Nach zehn Jahren im Google-System derzeit im Apple-Kosmos unterwegs und soweit zufrieden.

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