Huawei Watch 3 im Test – HarmonyOS 2.0 als Neuanfang?

      Huawei Watch 3 im Test – HarmonyOS 2.0 als Neuanfang?

      In den letzten Jahren hat HUAWEI einige Smartwatches vorgestellt. Die meisten davon basierend auf LiteOS – einem Betriebssystem, das auf Features wie zusätzliche Apps und damit einige Komfort-Funktionen verzichtet hat, aber dafür mit bis zu zwei Wochen Akkulaufzeit geglänzt hat. Mit der Watch 3 beginnt Huawei jetzt ein neues Kapitel. Wie gut das klappt, habe ich mir die letzten Wochen angesehen.

      Herzstück ist definitiv HarmonyOS 2.0, das den Funktionsumfang der Watch 3 gegenüber den „älteren“ GT-Geschwistern deutlich ausweitet. Zudem wird die Uhr damit vollständig in HUAWEIs „1+8+N-Strategie“ integriert.

      Aber fangen wir bei den Äußerlichkeiten an. Hier setzt Huawei auf schlichten Minimalismus. In meinem Fall habe ich die Schwarze Version zum Test erhalten. Das Armband besteht hier aus TPU-Kunststoff, das Gehäuse aus Aluminium und das Frontglas aus gehärtetem Glas. Hier liegen gegenüber der teureren Pro-Version auch die größten Unterschiede: Das Pro-Modell setzt nämlich auf Titan und Saphirglas. Obwohl ich normal kein Fan von Kunststoff-Armbändern bin, sitzt die Watch 3 durchaus bequem und drückt auch nicht.

      Die Verarbeitung der Watch 3 ist dazu sehr gut. Es gibt keine scharfen Kanten und dadurch wirkt die Uhr wie aus einem Guss. Glas und Gehäuse gehen direkt ineinander über. Die digitale Krone und die seitliche Taste lassen sich auch im Dunklen gut finden und reagieren einwandfrei auf Eingaben. Allerdings ist die Bedienung per Touchscreen meist schneller und intuitiver als über die Krone, schon weil ein Druck auf die Krone nicht die Auswahl bestätigt, sondern den Nutzer wieder auf den Homescreen bringt. Man müsste also ständig während der Bedienung umgreifen. Positiv ist das Feedback durch Vibration beim Drehen der Krone. Das ist angenehm und vermittelt ein gutes haptisches Feedback. Die untere Taste kann individuell belegt werden und startet entweder eine App oder ein vordefiniertes Workout.

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      Das OLED-Display selbst ist auch bei direktem Sonnenlicht ausreichend hell und lässt sich immer gut ablesen. Auch die automatische Helligkeitsanpassung an die Umgebung hat bislang immer reibungslos geklappt. Was nicht immer problemlos klappt, ist die Erkennung, ob man gerade den Arm zum Ablesen der Uhr anhebt. Hier passiert es leider öfter, dass die Uhr die Bewegung nicht erkennt und das Display aus bleibt.

      HarmonyOS 2.0

      Kommen wir zur Software. Gleichzeitig die größte Änderung, aber auch die größte Baustelle. Standardfeatures wie ein Kompass, Schlaftracker oder auch ein Barometer sind natürlich an Bord. Auch NFC ist mit dabei und soll endlich auch mehr Nutzen bekommen. Dazu halten auch neue smarte Features Einzug: So soll es möglich sein, Audio direkt von der Uhr auf einem HUAWEI Vision Smart TV oder Smart Speakern widerzugeben. Bislang ist dieses Feature bei uns aber nicht verfügbar.

      Auch Celia, der digitale Assistent von HUAWEI, ist auf der Watch 3 verfügbar. Darüber lassen sich Apps starten, Anrufe tätigen und sogar MeeTime-Anrufe starten – wenn sich MeeTime denn aktivieren lässt, was bei mir nicht der Fall war.

      Mit einem Wisch nach rechts auf dem Homescreen öffnet sich die Übersicht des Assistenten, in der euch wichtige Infos zum Tag sowie Benachrichtigungen des Assistenten wie aktuell laufende Musik oder Workouts anzeigen lassen könnt. So richtig viel wurde mir da nicht angezeigt, was womöglich damit zusammenhängt, dass mein HUAWEI P30 Pro den Assistant nicht unterstützt und er somit keine Infos über mich sammeln konnte.

      Mit HarmonyOS 2.0 halten nun Apps Einzug auf die HUAWEI Watch 3, sodass der Funktionsumfang erweitert und an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden kann. Eine Übersicht über seine Apps bekommt man über die neue Gridview Ansicht, die ein wenig an WatchOS erinnert. Ein großes Raster gibt einen Überblick und mittels Krone und Touchscreen lässt sich hineinzoomen und die gewünschte App finden und öffnen. Insgesamt funktioniert das gut, mit den eingangs schon erwähnten Einschränkungen bei der Navigation über die Krone.

      Die Bedienung der Apps selbst ist dann allerdings gewöhnungsbedürftig. Manche Apps bieten eine Tastatur zum Eingeben der Suchanfrage (App Gallery), andere bieten dafür ausschließlich Spracheingaben (HUAWEI Music). Apropos HUAWEI Music: Startet man Musik auf dem Smartphone, lässt sich diese einfach über die HUAWEI Watch 3 steuern. Was über die Uhr aber nicht so einfach ist, ist Titel zu verwalten. Im Grunde kann man lediglich aus empfohlenen Playlists auswählen, die letzten 50 Favoriten anzeigen oder eine Playlist starten. Songs für die offline-Wiedergabe herunterzuladen gestaltet sich auch etwas schwierig, da nicht einfach eine ganze Playlist zum Download markiert werden kann, sondern jeder Song einzeln ausgewählt werden muss.

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      In den letzten Tagen musste ich diesen Absatz über die App-Auswahl mehrfach umschreiben, denn fast täglich änderte sich das App-Angebot. Beispielsweise können Nutzer eines Nuki Smartlocks dieses nun direkt über die App entsperren und über die Olisto-App lässt sich das Smart Home ansteuern. Wer Olisto nicht kennt: Der Dienst verbindet eure Smart Home Gadgets miteinander und bündelt die Steuerung in einem Ort, mit selbsterstellten Triggern „triggs“ genannt. Darüber lassen sich dann Aktionen automatisieren oder auch manuell starten. Allerdings hatte ich beim Einrichten ein Problem: Der QR-Code konnte nicht richtig vom Smartphone eingelesen werden, da Kamera und OLED Display sich nicht so recht verstehen wollten…

      Ansonsten sind da noch Apps wie die Tagesschau, die Kurzvideos zu News wiedergeben kann, diverse Fußball-Ticker und einige Apps, bei denen ich noch keine Ahnung hab, was sie sein wollen. Messenger wie WhatsApp, Telegram oder Signal fehlen noch komplett.

      Apps zu finden, ist recht einfach, was aber vor allem an der noch kleinen Auswahl liegt. Über die HUAWEI Health-App können Apps direkt vom Smartphone aus, auf die Watch installiert werden. Hier gibt es eine einfache Liste mit Apps, die installiert werden können. Auf der Uhr erhält man in der App-Gallery eine kurze Liste mit empfohlenen Apps. Eine Suche gibt es natürlich auch, aber wie schon erwähnt – aktuell ist die Liste noch kurz und man bekommt schnell einen Überblick was verfügbar ist.

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      Wer wie ich bislang eine Bezahlfunktion auf seiner HUAWEI Watch vermisst hat, kann nun ein wenig aufatmen. Mit Stocard Pay soll in Kürze eine entsprechende Funktion verfügbar sein. Der Haken: Noch ist das Ganze in der Beta und man muss sich dafür anmelden, um eventuell bald teilnehmen zu können. Auch funktioniert die Bezahlung bislang nur am Smartphone, nicht aber der Watch. Dazu kommt auch, dass es sich dann nur um eine Prepaid Mastercard handelt – man muss also immer für genügend Guthaben darauf sorgen. Dafür lassen sich immerhin die üblichen Kundenkarten wie Payback und Co. darin hinterlegen und von der Uhr aus einscannen.

      Sehr praktisch ist dafür aber die Möglichkeit, direkt über die Uhr zu telefonieren, wahlweise über ein gekoppeltes Bluetooth Headset oder den integrierten Speaker samt Mikro. Der Haken am Speaker: Zumindest bei mir sitzt er genau so, dass ein Knicken der Hand nach oben dazu führt, dass ich den Lautsprecher verdecke und nichts mehr verstehe. Neu ist, dass sich nun auch Anrufe starten lassen und das sogar ohne gekoppeltes Smartphone, sofern eine eSIM eingerichtet ist. Darüber ist auch eine Datenverbindung möglich. Die Uhr kann also völlig unabhängig vom Smartphone genutzt werden. Darüber kann also auch Musik gestreamt werden, wenn es mit dem Herunterladen nicht so ganz geklappt hat. Vorerst aber alles exklusiv für die Huawei Music-App. Insgesamt 4GB Speicher stehen zur Verfügung, das sollte auf jeden Fall reichen, um eine Runde mit Musik zu Joggen oder seine tägliche Workout-Routine zu bewältigen.

      Und dann sind da natürlich noch die Notifications. Jede Benachrichtigung auf dem Smartphone kann auf die Uhr gespiegelt werden. Die Health-App bietet dafür eine Übersicht der Apps und es kann selbst entschieden werden, was auf die Uhr gepusht wird. Das funktioniert soweit sehr gut und auch Emojis werden korrekt dargestellt – etwas, was die Watch GT2 (Pro) noch nicht konnte. Allerdings kann mit diesen Notifications nicht interagiert werden. Nachrichten via Messenger lassen sich öffnen und lesen, Antworten ist aber nur über das Smartphone möglich. Zumindest vorgefertigte Schnellantworten wären schön gewesen. Sollten die Messenger-Apps wie WhatsApp, Telegram und Co. ihren Weg auf die Uhr finden, sind Antworten dann sicher auch möglich.

      Was den Notifications auch immer noch fehlt: Eine Synchronisierung der gelesenen Nachrichten mit dem Smartphone. Auch wenn die Nachrichten bereits gelesen wurden, bleibt die Notification auf der Uhr aktiv, bis man sie selbst löscht.

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      Ihr seht schon: Die HUAWEI Watch 3 selbst bietet großartige Hardware und Features, aktuell mangelt es aber noch an ein paar mehr Apps und Software-Feinschliff für eine uneingeschränkte Empfehlung. Was aber bereits sehr gut funktioniert, schließlich hatte man hier einiges an Übung mit den Watch GT und GT2 Serien, ist das Aktivitäts- und Workout-Tracking. Unzählige Sportarten sind vordefiniert und können auf Knopfdruck getrackt werden. Dabei nicht nur die „Klassiker“ wie Joggen, Radfahren oder ähnliches, sondern auch eher „Exotisches“ wie Golf oder sogar Triathlon-Tracking. Für Sportler dürfte die Watch 3 damit eine hervorragende Wahl sein, gerade auch dank des sehr genauen GPS-Trackings.

      Akkulaufzeit

      Zu guter Letzt kommen wir zur Akkulaufzeit. HUAWEI verspricht etwa 3 Tage, was in der Praxis auch hinkommt. Nutzt man die kontinuierliche Herzfrequenzmessung nebst Temperatur- und SP02-Messung, sind es ziemlich genau 3 Tage bis die Uhr wieder geladen werden will. Deaktiviert man diese Messungen sind auch mal 3,5 bis 4 Tage drin. Im Ultra-Stromspar-Modus, der dann Apps und Mobilfunk deaktiviert, sind bis zu 2 Wochen drin. Hier ist der Funktionsumfang dann mit den Watch GT Modellen vergleichbar.

      Deutlich reduziert wird die Laufzeit bei aktivem GPS-Tracking. Hier muss dann teilweise schon am gleichen Abend nachgeladen werden, je nach Dauer und Umfang der Nutzung.

      Geladen wird dann einfach via Qi-Standard, im Notfall kann man so auch einfach eine Qi-fähige Ladeschale oder Powerbank nutzen. Ein Feature, dass bisher nur HUAWEI bei seinen Smartwatches bietet. Alle anderen setzen auf propritäre Ladeschalen. Einige Smartphones bieten auch eine entsprechende „Reverse-Charging“-Funktion, um andere Geräte kabellos zu laden. Ansonsten befindet sich im Lieferumfang natürlich eine Ladeschale, an der die Uhr magnetisch haftet, um nicht versehentlich zu verrutschen. Etwas schade ist, dass Kabel und Ladeschale fest miteinander verbunden sind. Bei früheren Uhren waren beide Teile getrennt, sodass das Kabel einfach gewechselt werden kann, sollte es kaputt gehen.

      Etwas komisch allerdings: nicht alle Wireless Charger scheinen kompatibel. Lege ich die HUAWEI Watch 3 auf meinen HUAWEI Fast Wireless Charger mit maximal 15W lädt die Uhr nicht korrekt und wird nur sehr warm dabei. Das lässt sich aber sicher auch noch per Software-Update fixen.

      Fazit

      Was bleibt unterm Strich? Es ist ein bisschen eine Hassliebe. Die Hardware ist großartig und die Haptik und Optik sehr ansprechend. Auch das Featureset ist, in der Theorie, hervorragend, wird aber durch die Software zurückgehalten.

      HarmonyOS 2.0 ist bisher noch nicht da, wo es sein will und gerade die App-Versorgung ist so ein Problem. Da man aus bekannten Gründen nicht einfach auf Android Wear und die dazugehörigen Apps setzen kann, wird sich das sicher auch noch eine Weile hinziehen, bis die App-Auswahl ausreichend ist. Gerade eine native Bezahlfunktion ohne Prepaid-Karte dazwischen oder Beta-Zugang wäre wichtig, aktuell ist hier aber leider noch nichts in Sicht. Wenn ihr aber auf eine Bezahlfunktion verzichten könnt und vor allem nach einem richtig guten Fitness-Tracker sucht, der nicht wie einer aussieht und darüber hinaus noch deutlich mehr bietet seid ihr hier genau richtig.

      Mit der Hoffnung, dass Software-Updates es besser machen werden sollte man natürlich kein Produkt kaufen, doch HUAWEI hat in der Vergangenheit oft bewiesen, dass man Kritikpunkte aufgreift und behebt. Insgesamt ist die HUAWEI Watch 3 eine gute Smartwatch, wenn man weiß, worauf man sich einlässt. Wollt ihr zudem weder WearOS noch eine Apple Watch nutzen, ist die HUAWEI Watch 3 mit ihrem Featureset ziemlich alternativlos.

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