Nvidia, AMD & Co: Darum explodieren die Grafikkartenpreise

      Nvidia, AMD & Co: Darum explodieren die Grafikkartenpreise

      Seit Monaten steigen die Preise von Grafikkarten in astronomische Höhen. Die Verfügbarkeit ist ebenfalls miserabel. Woran liegt das? Wir schauen uns als Beispiel Nvidia an und wagen den Blick in die Zukunft.

      Laut Firmen-CFO Collette Kress legte Nvidia im ersten Quartal dieses Jahres wieder ein enormes Wachstum hin – und das trotz eines schwierigen Produktionsumfeldes. Letzteres ist in Teilen auf die Coronapandemie zurückzuführen. Seit März 2020 leiden die Lieferketten, während die Nachfrage nach Halbleiterprodukten gleichzeitig enorm anstieg. Dies trieb die Preise für Luftfracht- und Schiffscontainer in die Höhe, da immer mehr Hersteller um begrenzte Frachtplätze konkurrierten.

      TSMC

      Ein weiterer wichtiger Grund ist die Konzentration auf zu wenige Chip-Produzenten in Asien. Die größten Player sind hierbei zum Beispiel TSMC, Samsung und SK Hynix. Samsung zeichnet sich unter anderem für die neuen Grafikchips der Nvidia RTX 3000er-Reihe verantwortlich, TSMC produziert gar für fast alle großen Hersteller.

      Ende letzten Jahres versammelten sich dann gleich mehrere große Hardware-Launches auf einem zeitlichen Haufen: PlayStation 5, Xbox Series, Nvidia Ampere, AMD Zen 3/RDNA2, die neuen iPhones, Samsung Galaxy Smartphones.. – die Liste ist lang und lässt sich beliebig erweitern.

      Nvidia Geforce RTX 3070

      Zeigt Gamerinnen und Gamern bei der Verfügbarkeit derzeit die kalte Schulter: Die RTX 3070

      Ganz nebenbei sorgte der verstärkte Fokus aufs Home-Office in den Industrienationen für einen extremen Nachfrageanstieg bei Heimelektronik. Egal, ob Laptops, Drucker, Monitore oder Kühlschränke und Waschmaschinen – alles benötigt dieselben Chips von einer Handvoll Hersteller. Die Chip-Produzenten waren somit bereits vor dem Start der neuen Hardware voll ausgelastet. Konnte man sonst noch einen normalen Markt bedienen, wurde es nun zunehmend schwerer für TSMC und Konsorten. Außerdem mussten bestehende GPU-Verträge für den Laptop-Markt bedient werden.

      Nvidia RTX 3000 & AMD RX 6000 boten viel für die vermeintliche UVP

      Hinzu kam, dass die Ende 2020 vorgestellte Hardware ein großer Schritt war. Während die RTX 2000er-Reihe („Turing“) viele enttäuschte, da der Preis-/Leistungssprung kleiner war als beim Vorgänger Nvidia „Pascal“, gab es nun zur UVP wieder deutlich mehr Performance fürs Geld. Viele, die mit einem Upgrade bei der letzten Generation noch gewartet hatten, wollten nun schnell zuschlagen. Die verfügbaren Mengen an neuen Grafikkarten, Prozessoren oder Konsolen blieben aber bei weitem hinter der Nachfrage zurück. Knappe Güter, die jeder haben wollte, waren und sind noch heute die Folge.

      Genesis Mining FIrma

      Crypto-Mining-Firmen wie Genesis Mining füllen ganze Lagerhallen mit GPUs

      Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, brach gleichzeitig ein neuer Cryptomining-Boom aus, der hauptsächlich auf die digitale Währung Ethereum zurückzuführen ist. Nvidias und AMDs neue GPUs waren besonders gut im „Schürfen“ dieser Crypto-Währungen. Während früher noch einzelne Miner GPUs nutzten, um sich das Taschengeld aufzubessern, sind hierfür mittlerweile professionelle Mining-Firmen in riesigen Fabrikhallen am Werk. Diese kauften die potenten neuen Grafikkarten den Gamern quasi vor der Nase weg.

      PlayStation 5 Scalper profit

      Bot-Netzwerke von Scalpern wie CrepChiefNotify sorgten außerdem dafür, dass die verfügbaren Karten dann auch noch innerhalb weniger Minuten vergriffen waren. Später fand man sie dann zu exorbitanten Preisen auf eBay. Lange Rede kurzer Sinn: Ein schrecklicher Markt, um sich eine Grafikkarte zu kaufen, da so ziemlich alles gegen die Konsumentinnen geht.

      Was wird unternommen?

      Bei einer derart hohen Nachfrage ergibt es für alle Hersteller Sinn, die Produktionskapazitäten zu erhöhen. Genau das geschieht momentan, allerdings legen TSMC und andere Wafer-Hersteller ihre hohen Kosten für neue Fabrikanlagen auf den einzelnen Chip-Preis um. Bis zu 25% an Steigerung werden innerhalb von 2021 erwartet. Die genannte UVP der Grafikkarten ist dementsprechend schnell Geschichte. Ob Produktionssteigerungen reichen, um die Nachfrage dieses Jahr zu decken, bezweifelt dabei sogar Nvidia-CFO Colette Kress.

      Zumindest besteht etwas Hoffnung, dass zukünftige Sales der RTX 3000er-Serie oder von AMDs RX 6000er-Reihe nicht mehr so stark von Bots abgegriffen werden. Shops wie unserer sind hier mittlerweile deutlich besser geworden und haben Schutzmechanismen implementiert. Alle Scalper bekommt man so zwar noch nicht, doch es landen trotzdem viel mehr GPUs in den Händen von Gamerinnen und Gamern.

      Nvidia CMP HX

      Aber was ist mit den Crypto-Minern? Hierfür hat zumindest Nvidia eine scheinbare Lösung parat, die sich CMP HX nennt. Die dedizierten Mining-Karten bieten keine Videoausgänge, sondern sind nur zum Schürfen von Ether gedacht. Eine nette Idee, der es bis dato aber an der Umsetzung mangelt. Die HX-Miningkarten basieren großteils auf der Vorgängergeneration „Turing“, liefern eine schwache Mining-Leistung im Vergleich zu normalen Gaming-GPUs und sind auch noch exorbitant teuer bepreist.

      Nvidia CMP HX30

      Nvidia CMP 30HX: 700 Dollar für eine GTX 1660 Super ohne Videoanschlüsse und mit verkürzter Garantie

      Dazu bieten sie eine Garantie von jeweils nur drei Monaten, während normale Gaming-GPUs oft mit drei bis fünf Jahren daherkommen. Zudem fällt der Gebrauchtmarkt für Käufer von Gaming-GPUs weg, die zuvor fürs Mining genutzt wurden. Die dedizierten HX-Modelle kann man nämlich ohne Videoanschlüsse kaum an Otto-Normal-Zocker*innen weiterverkaufen. Damit leidet die Halbwertszeit der GPU deutlich und ihre Ökobilanz sowieso, stellt sie doch ein Stück Technik dar das von Erstnutzer*innen kaum weiterverkauft werden kann.

      Wie genau Nvidia mit den HX-Modellen Gamer*innen vor Mining-Firmen schützen möchte, ist also nicht ganz klar. Es sieht eher danach aus, als würde die Firma versuchen, Restbestände an Turing-Chips zu verkaufen. Nichtsdestotrotz ist das Geschäft mit den GPUs aber bereits rentabel: Die Gewinnerwartung aus Mining-Einkünften wurde von Nvidia um knapp 100 Millionen Dollar übertroffen.

      Wie sieht die Zukunft aus?

      Ewig weitergehen dürfte die GPU-Preisspirale nicht, aber eine Besserung vor Jahresende scheint immer unwahrscheinlicher zu sein. Die einzelnen Variablen – bestehend aus Wafer-Preisen, Lieferschwierigkeiten und nicht gedeckter Nachfrage – sind einfach zu weit von einer Lösung entfernt, um eine Verbesserung zu ermöglichen.

      nvidia geforce-rtx-3060-hero-
      Wie eingangs erwähnt, erzielen Nvidia, AMD und andere Hardware-Hersteller derweil enorme Gewinne – jede GPU und Einheit wird schließlich verkauft. Die Leidtragenden sind hierbei aber die Gamerinnen und Gamer. Vermeintliche Lösungsversuche – wie die CMP HX-Reihe – bleiben dafür erstaunlich halbgar und wirken wie ein Tropfen auf dem heißen Stein. Um derzeit an eine RTX 3000er-GPU zu kommen, ist die beste Möglichkeit deswegen wohl der Kauf eines Laptops. Bei diesen gibt es aufgrund bestehender Verträge und dem Mangel an Scalpern und Minern noch verhältnismäßig genug Bestand – auch wenn die Lieferschwierigkeiten und die Pandemie auch hier ihre Auswirkungen haben.

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      Wollt ihr die neueste Gaming-GPU im Desktop haben, heißt es also leider weiterhin: Geduldig sein.

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      via: anysilicon, TechSpot (1) (2), TweakTown, CrepChiefNotify (Twitter), wccftech, PCGamer, TechRadar, Zeit, Genesis Mining, Taiwan Semiconductor Manufacturing Co., Ltd., Nvidia

      Veröffentlicht von Clemens

      Großer Film- und Serien-Fan, der von Antonioni bis Tarkowski (fast) alles gesehen hat, was Kino und Fernsehen hergeben. Durch Super Nintendo und PS1 fand er Mitte der 90er seine Leidenschaft für PC- und Konsolenspiele. Zockt mittlerweile vornehmlich am selbstgebauten Gaming-PC und gelegentlich auch auf der PlayStation.

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