Test: AMD Ryzen 1700X – ist AMD zurück?

      Test: AMD Ryzen 1700X – ist AMD zurück?

       

      AMD hat mit seiner neuen ZEN-Architektur seit Monaten immer wieder die Werbetrommel gerührt. Nach mittlerweile über zehn Jahren hat man nämlich endlich eine komplett neue Architektur auf die Beine gestellt, die es nun auch mit Intels Topmodellen aufnehmen können soll. Ob das geklappt hat und wie gut sich der Ryzen 1700X schlägt mussten wir uns daher natürlich einmal ansehen.

      Werfen wir erstmal einen Blick auf unser Testsystem:

      Da es primär um die CPU-Performance geht, ist die nicht mehr ganz zeitgemäße GTX 970 nicht so entscheidend. Schnell genug für die meisten Titel ist sie allemal.

      Was nicht fehlen darf ist natürlich ein Vergleichssystem. Hierfür dient unsere übliche Testplattform:

      Der i7-5820K ist nicht unbedingt der jüngste Vertreter aus Intels LineUp, liegt preislich aber in etwa auf dem gleichen Niveau, wie ein aktuelles Ryzen-Setup. Der Core i5-6600K ist gerade hinsichtlich der Gaming-Benchmarks interessant als Vergleichsobjekt.

      Jetzt aber zu Ryzen. Die erste kleine Hürde war schon mal die passende Kühllösung. Unser Cooler Master Hyper 412S war leider noch eine ältere Revision, ein Montagekit für AM4 lag also nicht bei und war auch nicht kurzfristig lieferbar. Hier sprang dann zum Glück BeQuiet! ein und hat uns kurzfristig einen Dark Rock 3 samt AM4 Kit zukommen lassen. Die Montage war allerdings ziemlich gewöhnungsbedürftig, wenn nicht sogar umständlich. Aber ok – eigentlich war der Dark Rock 3 ja gar nicht für AM4 gedacht. Die restliche Einrichtung verlief dann aber ohne weitere Auffälligkeiten. Windows 10 war von USB-Stick in rund 15 Minuten installiert.

      Was anschließend recht schnell auffällt, sind die Kinderkrankheiten der neuen Plattform. Viele Tools und Programme, die den aktuellen Systemstatus wie die einzelnen Sensoren, Lüfter, Temperaturen, usw. auslesen sollen, funktionieren noch nicht zu 100%. Manche Tools können gar keine Daten auslesen, andere lesen die Daten falsch und wieder andere scheinen zumindest die korrekten Daten zu lesen, aber so genau weiß man das auch nicht. Alle Ergebnisse sind daher noch mit Vorsicht zu genießen, welche Werte nämlich stimmen ist fraglich – insbesondere bei der Hitzeentwicklung und Taktung der Kerne.

      Da es schwierig war, den korrekten Status auszulesen, können die Ergebnisse bei uns natürlich auch von anderen Ergebnissen abweichen. Insbesondere interessant war, dass das Gigabyte AX370-Gaming 5 Mainboard einen automatisch OC-Modus auf 3,6GHz pro Kern anbot, das hauseigene Tool aber weiterhin eine Taktung von 3,4GHz anzeigte.

      Ihr seht also: Die Werte sind alle noch ziemlich unzuverlässig und daher solltet ihr diese noch nicht zu ernst nehmen. Überraschenderweise lief das System allerdings komplett stabil, trotz all der Abweichungen und inkonsistenten Sensor-Messungen. Weder hat sich das System überhitzt, noch haben die Lüfter überdreht oder ähnliches. Auch Abstürze gab es während des gesamten Testzeitraums keine.

      Benchmarks

      Schauen wir uns erstmal die synthetischen Benchmarks an. In nahezu allen Benchmarks konnte der Ryzen 7 1700X unsere Intel-Konkurrenten hinter sich lassen – wenig verwunderlich, die pure Rechenleistung liegt beim AMD-Vertreter einfach höher. Sobald es um Single-Core Performance geht, schwächelt AMD aber. In SuperPI brauchte er rund eine Minute länger zur Berechnung als beide Intel CPUs.

      Große Auffälligkeiten oder Ausreißer gab es hier also nicht. Interessant war nur, dass eine Erhöhung der Taktfrequenz keine Änderung in den Ergebnissen brachte. Wobei wir da wieder bei dem Thema wären, wie unzuverlässig die meisten Tools auf der AM4 Basis noch arbeiten.

      Einen Ausreißer gab es allerdings: In SuperPi, das die Single-Core-Performance misst, war der Ryzen 1700X überraschend langsam. Rund eine Minute länger benötigte er für die Berechnung. Hier hat AMD also noch etwas Arbeit vor sich.

      Ansonsten spricht die reine Computing-Power aber für sich. Gerade Pro-User, die auf viele parallele Threads angewiesen sind, bekommen ordentlich was geboten.

      Gaming Benchmarks

      Auch beim Gaming muss der Ryzen 7 1700X zeigen was er kann. Als Spiele haben wir die recht CPU-lastigen Risen 3 und Crysis 3, aber auch Titel wie For Honor, Rise oft he Tomb Raider und als Klassiker World of Warcraft.

      Getestet wurde sowohl in 1080p, als auch in 4K, auch wenn die Testläufe in 1080p die interessanten Ergebnisse sind. Die 4K Durchläufe sind eigentlich nur dabei, da AMD meint, dass dies der sinnvollere Test ist… Warum AMD das so sieht, erklären dann auch die Ergebnisse:

      Im Schnitt liegt der Ryzen 1700X bei vielen Titeln hinter den Intel Konkurrenten. Kreiert man jedoch einen Flaschenhals seitens der GPU, indem man die Auflösung auf 4k hochschraubt, liegen alle drei Vertreter gleichauf, teils hat der Ryzen 1700X knapp die Nase vorn.

      Gibt es diesen Flaschenhals aber nicht, kommt es stärker auf die CPU an. Hier haben dann in den meisten Fällen die Intel Konkurrenten die Nase vorn. In einigen Fällen kann sogar der Core i5-6600K als günstigster Vertreter im Vergleich die Führung übernehmen.

      Bei den Benchmarks ist aber auch noch etwas Vorsicht geboten. Gerade bei den CPU-lastigen Titeln haben die Ergebnisse teils stark geschwankt. So gab es in Crysis 3 Durchläufe, in denen der Ryzen 1700X bei 1080p weniger FPS erzielt hat, als der Core i5 bei 4k-Auflösung.

      Wirklich Probleme hatte AMDs Neuling in keinem Spiel – zumindest nicht mehr, als seine Konkurrenten. Die Unterschiede sind recht gering, von einzelnen Ausreißern abgesehen.

      Wärmeentwicklung

      Die letzte AMD CPU-Generation waren regelrechte Hitzköpfe. Mit teils über 200W TDP haben sie für ordentlich Abwärme gesorgt, die natürlich auch irgendwie gekühlt werden musste. Bei Ryzen ist das anders – selbst das Topmodell 1800X ist mit 95W vergleichsweise genügsam – trotz 8 Kernen und Multi-Threading.

      Unser BeQuiet Dark Rock 3 war daher etwas unterfordert, selbst bei maximaler Auslastung war kaum etwas zu hören. Durch die eingangs erwähnten unterschiedlichen Messergebnisse ist es aber schwierig, hier ein richtiges Ergebnis zu liefern.

      Ist AMD endlich zurück?

      Die Frage stelle ich mir selbst die ganze Zeit. Auf den Moment der Veröffentlichung hatte ich mich richtig gefreut, In den letzten 20 Jahren waren nahezu alle Systeme, die ich privat für mich oder Freunde gebaut habe auf AMD-Basis. Bis sich AMD sich halt ziemlich verrannt hatte und einfach den Anschluss verlor.

      Ob sie jetzt zurück sind? Vielleicht. Der Ryzen 1700X zeigt auf jeden Fall ordentlich Potenzial, gerade was die reine Rechenleistung angeht. Bei Tasks, in denen es auf pure CPU-Power und viele parallele Threads ankommt, macht der Ryzen 7 Reihe so schnell keiner was vor. Selbst Intels 10-Kern-Flaggschiff muss sich knapp geschlagen geben – bei einem doppelt so hohen Preis. Hier bleibt aber auch zu bedenken, dass mittlerweile viele sehr rechenintensive Programme einen großen Teil auf die GPU auslagern können. Ob es daher sinnvoll ist, auf viele CPU-Cores zu setzen statt der CPU einfach eine potente GPU zur Seite zu stellen muss man anhand der genutzten Programme abwägen.

      In der realen Anwendungsleistung hingegen, bei der eben nicht nur die reine Rechenpower, sondern deutlich mehr das Zusammenspiel der Komponenten zählt, muss AMD noch nachlegen. Gerade für Gamer ist die Ryzen 7 Serie hinsichtlich des Preis-Leistungs-Verhältnisses nicht so recht zu empfehlen. Mit wenigen Ausnahmen liegt ein günstigerer Core i5-6600K mindestens gleichauf, wenn nicht sogar vorn. Auch gerade in Kombination mit einem aktuellen High-End-Mainboard kann man bei der Intel Variante noch sparen. Dass ich das mal schreibe, hätte ich vor einigen Jahren auch nie gedacht ;). Aber um fair zu bleiben: Die Ryzen 7 Serie richtet sich auch nicht an Gamer, sondern eben genau an jene Pro-User, die einfach massiv Rechenleistung benötigen.

      Auch gibt es noch zu viele kleine und größere Probleme. Die Mainboard-Hersteller erscheinen etwas überrumpelt, kaum ein Board ist verfügbar und wenn, dann laufen UEFI und Treiber noch nicht so richtig zu 100%. Hier braucht es vor allem noch eins, damit AMD wieder ein ernsthafter Konkurrent wird: Zeit. UEFI und Treiber müssen optimiert werden, auch AMD selbst muss noch am SMT arbeiten, das in meinem Test leider häufig nicht richtig funktionierte.

      Fazit

      AMD ist auf jeden Fall ein riesen Sprung gelungen. Die alte, ineffiziente Plattform hat man hinter sich gelassen und zeigt jetzt schon in der ersten Generation das Potenzial der neuen Architektur. Dennoch hat die neue Basis noch diverse Kinderkrankheiten, die das Bild trüben. Allerdings: Wenn man sie nicht sucht, fallen sie nicht unbedingt auf. Vom eher sporadisch funktionierenden SMT mal abgesehen.

      Wer auf der Suche nach reiner Rechenleistung ist und dafür auch bereit ist, mit den Kinderkrankheiten und damit einhergehenden häufigen Updates zu leben, bekommt richtig viel Leistung fürs Geld. Eine vergleichbare Intel Plattform liegt locker beim doppelten Preis.

      Für Gamer allerdings heißt es aktuell noch: Abwarten. Die Ryzen 5 und 3 Serien setzen auf Quad-Core CPUs, die dann wieder besonders für Gamer interessant sein sollten. Preislich sollen sie noch unter Intels i5-Range liegen, was auch das Preis-Leistungs-Verhältnis wieder verbessert. Die Ryzen 7 Serie dagegen kann man zwar auch als Gamer nutzen, eine wirklich gute Idee ist das hinsichtlich des Preis/Leistungs-Verhältnisses aber derzeit noch nicht.

      Solltet ihr also jetzt direkt zuschlagen? Jain. Wer mit den Kinderkrankheiten klar kommt kann zugreifen. Wer jedoch ein System – am besten schon fertig – einfach nur nutzen will, ohne darüber nachdenken zu müssen, sollte noch etwas abwarten. Und das nicht nur, weil Mainboards unterhalb der X370 Modelle aktuell fast nirgendwo zu finden sind. Es braucht einfach noch etwas Zeit, bis sich alles eingependelt hat.

      Das könnte dich auch interessieren