Test: Beyerdynamic Amiron Wireless Copper – The king of Bluetooth?

      Test: Beyerdynamic Amiron Wireless Copper – The king of Bluetooth?

      Die Beyerdynamic Amiron Wireless Copper sind an sich keine Neuheit: Schon vor etwas über einem Jahr kam die reguläre Version auf den Markt. Neu ist nun nur der Kupfer-Akzent an den Ohrmuscheln. Da ich die normale Version „damals“ leider nicht testen konnte, wurde es nun Zeit, dies nachzuholen mit der Kupfer Sonderedition.

      Geändert hat sich technisch nichts, dennoch hier einmal die technischen Daten zum Einstieg:

      Akustische Bauweise Geschlossen
      Übertragungsart Bluetooth
      Unterstützte Bluetooth-Profile HSP, HFP, A2DP, AVRCP, GAVDP
      Audio Codecs SBC, AAC, AptX, AptX LL, AptX HD
      Nennimpedanz 32 Ohm
      Gewicht ohne Kabel 400g
      Übertragungsbereich 5 – 40.000 Hz
      Kennschalldruckpegel 100 dB
      Baugröße Ohrumschließend

      Amiro Wireless Copper kosten 800 Euro und bieten dafür einiges

      Auch den Preis will ich hier ausnahmsweise mal an den Anfang stellen: Mit einer UVP von 799 Euro nehmen sie nämlich die Spitzenposition unter den bisher von mir und meinen Kollegen getesteten Kopfhörern ein. Für den Preis müssen sie dann natürlich auch entsprechend abliefern. Wer rund 800 Euro in Kopfhörer investiert, darf ein wenig mehr von allem erwarten.

      Beim Lieferumfang passt schon mal alles. Im Karton findet sich direkt ein Hardcase für die Amiron Wireless, darin die Kopfhörer selbst nebst USB Type C-Kabel zum Aufladen und ein 3,5mm-Klinkenkabel zum Anschluss an Geräte ohne Bluetooth bzw. um auch bei leerem Akku weiter hören zu können. Zudem können sie auch digital per USB-Kabel an einen PC angeschlossen werden und werden automatisch als Audiogerät erkannt. So kann man sie dann auch beim Laden einfach weiter nutzen. Beide beiliegenden Kabel können übrigens in einer extra Netztasche im Case verstaut werden. Das Zubehör wirkt hochwertig, durch die Größe des Hardcases und der Kopfhörer selbst nehmen sie im Reisegepäck aber ordentlich Platz weg.

      Nach dem Auspacken war da aber auch ein wenig Ernüchterung. Ich nutze seit einiger Zeit bereits Beyerdynamic DT 770 Pro und DT 1770 Pro, welche mit einem deutlich wertiger erscheinendem Gehäuse der Ohrmuscheln daherkommen. Die Amiron Wireless setzen hier auf Kunststoff der etwas dünn wirkt. Auf Metall wie bei den DT 1770 Pro musste man vermutlich aus Gewichtsgründen verzichten.

      Auch wurde offenbar auf die Modularität verzichtet. Während bei den Pro-Modellen jedes Teil einfach ausgetauscht werden kann, scheint das bei den Amiron nicht möglich. Die Kunststoff-Klemmen, die Kopfband und Ohrmuschel verbinden, sind nicht ohne weiteres zu lösen, das Kunstleder-Kopfband selbst auch nicht abnehmbar. Lediglich die Ohrpolster können abgenommen und getauscht werden. Immerhin.

      Das ist natürlich Meckern auf hohem Niveau, da die Konkurrenz es größtenteils nicht besser macht – eher im Gegenteil. Von einem sonst extrem modularen Hersteller hätte ich aber etwas mehr erwartet. Insgesamt wirken sie aber trotzdem solide und dürften auch einiges an Benutzung wegstecken.

      Bequeme Steuerung und hoher Tragekomfort

      Zum Koppeln hat Beyerdynamic auf NFC verzichtet, man hält beim Einschalten einfach den Powerbutton etwas länger gedrückt bis sie in den Pairing-Modus wechseln. Apropos Power-Button: Der Druckpunkt könnte deutlich stärker ausgeprägt sein. Mir ist es oft passiert dass ich drücke und einfach nichts passiert.

      Die Steuerung erfolgt komplett an der rechten Ohrmuschel über Gesten. Nach vorne wischen für den nächsten Song, nach hinten für zurück, hoch bzw. runter für die Lautstärke und diverse Klopfbefehle um Play/Pause auszulösen, Anrufe anzunehmen, usw.

      Nichts Besonderes und funktioniert soweit auch im Alltag. Die nötige Druckintensität und Sensibilität der Touchfläche lässt sich über die MIY App einstellen. Zu der App später mehr.

      Der Tragekomfort ist gut, auch für mich als Brillenträger. Der Anpressdruck an den Kopf ist anfangs etwas straff, nach ein paar Stunden Nutzung legt sich das aber. Danach sitzen sie gut und auch längere Sessions sind kein Problem. Es gab Tage, da habe ich sie morgens beim aus dem Haus gehen aufgesetzt und bis auf kurze Unterbrechungen im Büro erst abends wieder abgenommen, ohne schmerzende oder heiße Ohren.

      Der Anpressdruck ist allerdings nicht gleichmäßig auf die Ohrpolster verteilt. Der Druck ist im oberen Drittel deutlich höher, während es sich im unteren Drittel anfühlt, als würden sie nicht mehr richtig aufliegen. Das führt dann auch zu einer nicht mehr perfekten Abschirmung der Außengeräusche und umgedreht. So konnten auch Sitznachbarn bei entsprechender Lautstärke mithören. Nicht unbedingt das, was ich von geschlossenen Kopfhörern erwarte. Und um meinen Kopf als Fehlerquelle auszumerzen haben auch die Kollegen mal probegetragen und bestätigten meinen Eindruck.

      Beim Klang verweisen sie die Bluetooth-Konkurrenz in ihre Schranken

      Kommen wir zum wichtigsten: Dem Sound. Hier können sie definitiv punkten. Bluetooth AptX HD sorgt für eine saubere Übertragung, sofern euer Smartphone oder Player es unterstützt. Wem es nichts sagt: AptX HD bietet eine deutlich höhere Frequenzbreite als der normale AptX-Standard und damit natürlich auch noch einmal deutlich mehr als die übliche SBC-Übertragung. Dadurch müssen die übertragenen Daten nicht so stark komprimiert werden und die Audioqualität steigt bei entsprechendem Quellmaterial. Auch unterstützen sie AptX LL (Low Latency). Das ist dann wichtig, wenn ihr Serien oder Filme darüber gucken wollt. Kennt sicher der ein oder andere, wenn bei manchen Bluetooth-Kopfhörern der Ton einfach komplett asynchron ist durch die hohe Latenz bei der Übertragung. Hier gibt’s diese Probleme schlicht nicht. Selbst Videoschnitt, bei dem eine sehr geringe Latenz nötig ist, geht mit den Amiron Wireless. Für Apple Nutzer gibt es natürlich auch AAC als Übertragungsoption. Welche Codierung verwendet wird, handeln die Amiron Wireless vollautomatisch mit der Quelle aus.

      Auf ANC hat Beyerdynamic übrigens verzichtet. Die dicken geschlossenen Ohrmuscheln schirmen aber bereits so gut ab, dass es für mich unwichtig ist. Lediglich bei längeren Flugreisen wäre es ein nice-to-have.

      Klanglich können sie sich dann auch deutlich von der versammelten Bluetooth-Konkurrenz abheben. Die Ortung der Instrumente ist hervorragend, die Bühne angenehm breit, wenn auch durch die geschlossene Bauweise begrenzt. Die Höhen haben den berühmten „Beyer Peak“, sind also etwas spitzer als bei den meisten anderen Kopfhörern. Gewöhnt man sich schnell dran und gerade Hörer von Klassik oder Jazz werden ihn nach kurzer Eingewöhnung zu schätzen wissen.

      Für mich als Metalhead sind vor allem die Mitten und Höhen wichtig und die liefert der Amiron absolut spot on ab. Bass ist da wenn man ihn erwartet. Komplett trocken, sauber, präzise. So wie es sein muss. Für den Electro oder Hip-Hop/Rap Fan mag der Bass aber etwas unterrepräsentiert sein, weil die Amiron Wireless sehr neutral abgestimmt sind. Die übliche „Badewanne“ mit verstärkten Höhen und Tiefen wie sie viele andere Hersteller einsetzen ist nicht vorhanden.

      Für audiophile Nutzer gibt es aber ein paar Einschränkungen. Insbesondere bei sehr hochauflösendem Ausgangsmaterial – in meinem Test beispielsweise das Album „Thriller“ von Michael Jackson in 2,8MHz DSD – kommt selbst Aptx HD an seine Grenzen. In den Höhen und Tiefen ist ein clipping hörbar. Die Frequenz ist also abgeschnitten und der Ton damit auch. Es fehlen im „Billy Jean“ Intro beispielsweise die Cimbals nahezu komplett, da die Frequenz außerhalb des Spektrums von AptX HD liegt.

      Aber auch hier wieder: Meckern auf extrem hohen Niveau. Wer Wert auf perfekte Wiedergabe auch von sehr hoch auflösendem Material legt, kann immer noch das Kabel anschließen. Für die üblichen Verdächtigen wie 320kbit MP3 oder 196kbit 24Bit FLAC reicht AptX HD und die Wiedergabe ist nicht vom kabelgebundenen Betrieb zu unterscheiden. Wer also vor allem über Dienste wie Spotify oder Tidal hört hat keinerlei Probleme mit der Übertragung.

      Generell ist die Übertragung sehr stabil und es gibt nur sehr selten Aussetzer. Da auch die Quelle hier eine Rolle spielt ist es aber schwierig einzuschätzen, ob die wenigen Aussetzer von der Quelle oder den Amiron Wireless ausgelöst werden. Insgesamt hatte ich an keinem Gerät, sei es mein Huawei P30 Pro, Surface Pro 3 oder auch einem MSI P100 Desktop PC, ernsthafte Aussetzer oder Abbrüche.

      MIY App passt Sound an euer Gehör an

      Zum Sound sei dann noch die MIY App erwähnt, hier hat Beyerdynamic nämlich noch ein Ass im Ärmel. Über die App könnt ihr eure Amiron Wireless nämlich noch an euer Hörvermögen anpassen. Dafür wird ein Hörtest für jedes Ohr durchgeführt, bei dem gemessen wird, welche Frequenzen das jeweilige Ohr noch wahrnimmt. Über diese Informationen erstellt die App dann ein Hörprofil, das stufenlos von „Aus“ bis „Volle Anpassung“ angepasst werden kann.

      In meinem Fall habe ich keinen wirklichen Unterschied mit und ohne Anpassung wahrgenommen. All die Konzerte waren wohl doch nicht so schädlich. Ein Test bei meinem Schwiegervater allerdings, der auf beiden Ohren sehr unterschiedlich hört, zeigt dann das Potenzial dieser Anpassung. Für ihn war es nach der Messung und mit aktivierter Anpassung angenehmer und die Klangqualität besser als vorher. Nutzer mit eingeschränktem Gehör können hier also noch mal einiges rausholen.

      Allerdings: Die Anpassung war in meinem Fall nicht ganz so einfach wie sonst, da der Upload der Daten auf den Amiron Wireless unzählige Male fehlgeschlagen ist. Warum weiß ich nicht, irgendwann funktionierte es dann einfach.

      Ansonsten zeigt euch die App auch euer Hörpensum für den Tag an. Die App ermittelt nämlich die Dauer und Lautstärke der Nutzung und warnt euch, wenn ihr das empfohlene tägliche Maximum überschreitet.

      Software Updates für eure Amiron Wireless zeigt die App ebenfalls an, für die Installation braucht es dann aber einen PC und eine Desktop App sowie eine Kabelverbindung. Etwas schade, das sollte auch Wireless per App gehen.

      Ausdauernder Akku

      Abschließend noch kurz zur Akkulaufzeit. Beyerdynamic gibt „mehr als 30 Stunden“ Laufzeit an, was erstmal ziemlich gut ist. In der Praxis natürlich schwer zu messen, aber auf rund 26 Stunden kam ich locker, ohne zu laden. Dabei waren die Amiron Wireless Copper auch noch nicht komplett leer sondern bei etwa 20% Restkapazität. Die 30 Stunden sind also als durchaus realistisch anzusehen.

      Fazit: Sind die Amiron Wireless Copper 800 Euro wert?

      Insgesamt fällt mir das Fazit echt schwer. Klanglich bekommt man mit den Beyerdynamic Amiron Wireless Copper die derzeit besten Bluetooth-Kopfhörer. Zumindest von allen, die ich bislang so gehört habe.

      Die kleineren Mängel summieren sich allerdings recht schnell, wenn man die nicht perfekte Passform, die stellenweise billig wirkenden Materialien und auch die scheinbar nicht vorhandene Reparierbarkeit zusammenzählt. Bei einem geringeren Preis könnte man hier über den einen oder anderen Punkt hinwegsehen, da Beyerdynamic allerdings eine UVP von 799€ aufruft, ist es unterm Strich zu viel, mit dem man sich arrangieren muss.

      Oder anders gesagt: Selbst für mich als jahrelangen Beyerdynamic-Nutzer und -Fan wären die Amiron Wireless Copper derzeit keine Kaufempfehlung wert. Die Kompromisse sind zu groß, um sie nur durch die lange Akkulaufzeit und den Sound zu kompensieren. Vieles davon ist natürlich rein subjektiv und kann bei jedem Nutzer anders sein.

      Abschließend überwiegen bei mir allerdings die Kompromisse, sodass ich keine Empfehlung geben kann. Wer dennoch zuschlagen will, sollte auch einen Blick auf die Regulären Amiron Wireless werfen, die aktuell schon deutlich günstiger zu haben sind. Allen anderen sei auch ein Blick gen Sony, namentlich den WH-1000XM3 (unser Test), empfohlen.

      Bluetooth-Kopfhörer bei uns im Shop

      Das könnte dich auch interessieren